
Äußerliche Erkennungszeichen des Hallenhauses sind das große Einfahrtstor an der Giebelseite, die Fachwerkbauweise und das weit heruntergezogene, großflächige Dach. Ursprünglich war es reetgedeckt und daher stehen die letzten Vertreter mit dieser Dacheindeckung heute gewöhnlich unter Denkmalschutz.
Das wesentlichste, aber von außen nicht erkennbare bauliche Merkmal des Haustyps ist die Holz-Innenkonstruktion in Ständerbauweise. Dies ist der tragende Teil des gesamten Gebäudes. Dabei wurde anfänglich mit dem sehr beständigen Eichenholz, ab dem 18. Jahrhundert auch mit geringerwertigem Kiefernholz gezimmert. Zum Schutz vor Nässe ruht der Holzaufbau auf einem etwa 50 cm hohen Steinfundament, oft aus Feldsteinen. Die nichttragenden Außenwände des Gebäudes sind in Fachwerk ausgeführt, wobei dessen Zwischenräume (Gefache) ursprünglich mit einem Weidengeflecht sowie Lehmbewurf und später mit Mauerwerk ausgefüllt wurden.
Unter https://baulexikon.beuth.de/ZWEISTAENDERHAUS.HTM liest man:
“Zweiständerhaus, Hallenhaus, Niedersachsenhaus
niederdeutsches Hallenhaus, bei dem die Dachsparren von einem in sich stabilen Ständerwerk (vgl. Stuhl) aus zwei Ständerreihen, die durch Rähme miteinander verbunden sind und den aufliegenden Deckenbalken getragen werden. Die Deckenbalken kragen i. d. R. etwas über die Rähme hinaus. Auf den Deckenbalken im Dachraum lagerte man die Ernte. Im Raum darunter, der Deele (vgl. Diele), befand sich die Dreschtenne. Durch trauf- seitig unter abgeschleppten Dachflächen liegende Kübbungen, in denen das Vieh mit Blick zur Deele stand, wurde das Zweiständerhaus dreischiffig. Hauptzufahrt ist das mittig in der Giebelwand liegende Tor zur Deele, die Grootdör. Der Wohntrakt liegt am anderen Gebäudeende. Das niederdeutsche Hallenhaus ist das traditionelle Einhaus, das bäuerliche Wohnwirtschaftsgebäude Norddeutschlands.”
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen dem Zwei- und dem Vierständerhaus. Als Übergangsform gibt es noch das Dreiständerhaus.
Konstruktionsweise von I.: Zwei II.: Drei- und III.: Vierständerhaus
a) tragende Ständer (Hauptständerwerk) b) Ständerwerk Traufe c) Hauptbalkenlage d) Hiehle e) Sparren f) Auflanger g) Aufschiebling
Das Hallenhaus, wegen seines regionalen Bezuges zumeist niederdeutsches Hallenhaus genannt, ist ein im 13.–15. Jahrhundert aufgekommenes Wohnstallhaus der bäuerlichen Bevölkerung in Fachwerkbauweise. In der früheren Forschung ist es als Niedersachsenhaus bezeichnet worden und ist volkstümlich unter diesem Begriff bekannt. Es ist ein Einhaus, bei dem Wohnung, Stallraum und Erntelager in einem großen Hauskörper zusammengefasst sind. Diese ländlich-bäuerliche Hausform war bis zu ihrem Niedergang im 19. Jahrhundert in der Norddeutschen Tiefebene vom Niederrhein bis nach Hinterpommern weit verbreitet. Heute noch prägen Hallenhäuser das Erscheinungsbild vieler Dörfer Norddeutschlands und des Niederrheins sowie Westfalens.
Das Hallenhaus wird auch als Fachhallenhaus bezeichnet. In der wissenschaftlichen Bezeichnung steht Fach nicht für das Fachwerk der Wände, sondern für das große Gefach zwischen zwei Holzständerpaaren der Deelendecke und Hausdach tragenden Holzinnenkonstruktion, Abstand etwa 2,5 m. Danach wurde auch die Hausgröße bemessen, die kleinsten hatten nur 2 Fache, die größten mit 10 Fachen erreichten eine Länge von etwa 25 m. Der Begriff Halle ergibt sich aus der großen Deele (Diele). Niederdeutsch beschreibt das Verbreitungsgebiet. Da fast alle Hallenhäuser in sogenannte Fache eingeteilt sind, ist der Zusatz „Fach“ verzichtbar.
Weil dieser Bauernhaustyp Wohnung, Stall und Erntelager unter einem Dach vereint, wird er außerdem als Einhaus bezeichnet, der zugehörige Bauernhof als Eindachhof. Besondere Eigenschaft des Hallenhauses ist seine Längsteilung, auch dreischiffige Gliederung genannt. Diese Einteilung unterscheidet es wesentlich von Einhäusern in den meisten anderen Gegenden Deutschlands und Europas, in denen traditionell quergeteilte Einhäuser wie das Ernhaus gebaut wurden, ganz abgesehen von Hofformen, die schon in der Grundform mehrere Gebäude mit unterschiedlicher Funktion umfassen.
Das Hallenhaus tauchte erst im ausgehenden Mittelalter auf. Die ältesten in Deutschland erhaltenen Häuser dieses Typs stammen aus dem späten 15. Jahrhundert (zum Beispiel in Schwinde, der Winsener Elbmarsch 1494/95). Regionale Unterschiede drücken die Anpassung an landschaftliche und klimatische Bedingungen aus. Daneben gab es soziale Abstufungen und zeitliche Entwicklungen. Anfangs bzw. in kleinen Varianten des Hauses noch recht lange war der Aufenthalt von Menschen und Vieh in den verschiedenen Bereichen eines großen Raumes. Schritt für Schritt wurden Wohnräume vom Landwirtschaftsbereich getrennt. Als erstes wurden Schlafkammern abgeteilt, für den Bauern und seine Familie am hinteren Ende des Hauses, für Knechte und Mägde über (Westfalen) oder neben (Niedersachsen, Holstein) den seitlich gelegenen Ställen. Auch zum Verkauf produziertes Leinen wurde in einer speziellen Kammer gelagert. Mit steigendem Bedarf nach Komfort und Repräsentation entstanden eine oder mehrere beheizbare Stuben. Schließlich wurde der Herd aus dem Flett am Ende der Diele in eine abgeschlossene Küche ausgelagert.
Wichtigster und größter Raum des Hallenhauses ist die Diele. Üblicherweise wird sie durch das große, auch halbrunde Tor (niederdeutsch: „Grote Dör“, „Groot Dör“, „Grotendör“; Westfälisch: „Niendöör“) an der Giebelseite betreten. Das Tor diente auch als Einfahrt für Erntewagen. Danach steht man in der geräumigen Diele (niederdeutsch: Deele, Del) oder Halle, daher auch die Bezeichnung „Hallenhaus“. Die Diele ergibt sich aus dem Raum zwischen den beiden tragenden Holzständerreihen. Mit einem gestampften Lehmboden war sie der Wirtschafts- und Arbeitsraum des Hauses. Hier wurde die Ernte eingebracht und auf dem darüber liegenden Dachboden eingelagert. In ihr konnten wettergeschützt Tätigkeiten, wie das Trocknen von Vorräten, Brechen von Flachs, Spinnen oder Dreschen von Getreide ausgeübt werden. Auch wurden in der Diele Feiern abgehalten und die verstorbenen Familienangehörigen aufgebahrt. Zu beiden Seiten lagen die halboffenen Stallungen (Kübbungen) für das Vieh, wie Pferde und Kühe, sowie Kammern für Mägde und Knechte. Im Bereich des Einfahrtstores hatte das Federvieh seinen Platz am Rande der Diele. Schweine waren schon von Anfang an wegen des Geruchs in einen separaten Schweinestall außerhalb des Hauses verbannt. Erst seit Wohn- und Dielenbereich voneinander getrennt waren, konnte man dort auch Schweine antreffen. Die Diele ging ohne Trennung in den offenen Wohn- und Küchenbereich über, das „Flett“. Als sich im 19. Jahrhundert die Raumaufteilung des Hauses grundlegend änderte, entstand im hinteren Wohnbereich des Hauses eine separate Küche. Funktionell war so aus dem überwiegend längs gegliederten ein quergeteiltes Haus geworden.
Das Hallenhaus hat ein Verbreitungsgebiet, das sich auf fast 1.000 km Länge erstreckt und grob dem ursprünglichen niederdeutschen Sprachraum entspricht. Im Westen reicht es noch ein Stück in die Niederlande hinein, wobei die dort übliche geringere Höhe von Giebel und Dachboden weniger Lagerfläche bietet und so die zeitigere Entwicklung von der Selbstversorgung zur Marktorientierung widerspiegelt. Vom Niederrhein bis ins westliche Mecklenburg ist das Hallenhaus der dominierende Haustyp. Weiter östlich kommt es zwar bis an die Danziger Bucht vor, aber landschaftsprägend waren oder sind dort eher Gutshäuser und Landarbeiterunterkünfte. In Schleswig-Holstein findet man es im Wesentlichen südlich der Eider, der einstigen Grenze Dänemarks. Im nördlichen Sauerland und im Weserbergland gibt es weniger eine scharfe Grenze als eine zunehmende Abweichung vom Grundschema durch Verkleinerung der Grundfläche in abschüssigem Gelände. In Südniedersachsen reichen hessische Vierseithöfe bis weit ins niederdeutsche Sprachgebiet. In Ostniedersachsen ist die Verbreitung von Niedersachsenhäusern und Vierkanthöfen mosaikartig verschachtelt. In Sachsen-Anhalt gibt es in der Magdeburger Börde keine, in der Altmark nur wenige Hallenhäuser.