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Naturnahe Landwirtschaft – Permakultur

Naturnahe Landwirtschaft – Wie zukunftsfähig ist das Konzept der Permakultur?

Von Stephanie Kowalewski, veröffentlicht auf www.deutschlandfunkkultur.de

Immer mehr Menschen interessieren sich für den Pflanzenanbau mit Permakultur, besonders in den Städten. Aber auch Bauern wirtschaften bereits erfolgreich mit der Methode, die auf Artenreichtum, Mischkultur und Humus setzt – ganz ohne Chemie.

„Das Wort Permakultur ist eine Verbindung von zwei Worten, von permanent und agriculture – permanent agriculture“. Denn es geht darum, über Jahrhunderte hinweg ausreichend zu ernten, um die Menschheit zu ernähren, ohne dabei die Böden auszulaugen oder Pflanzen und Tiere zu schädigen, indem die Natur so gut es geht kopiert wird.

Das ist ein gravierender Gegensatz zur sogenannten konventionellen Landwirtschaft, zum Beispiel in Deutschland:
Im derzeit vorherrschenden System ist es so: Wir haben bei knapp 12 Millionen Hektar Ackerland etwa die Hälfte Getreide. Die Hälfte davon wieder ist Weizen. Das heißt, ein Viertel des Ackerlandes besteht nur aus einer Kultur: Weizen.

Laut Weltagrarbericht dienen aber nur 43 Prozent des Getreides als Lebensmittel. Der überwiegende Teil wird zu Tierfutter, Sprit und Industriestoffen verarbeitet. Unstrittig ist auch, dass die industrielle Landwirtschaft erheblich zu den großen globalen Problemen beiträgt: Artensterben, Klimawandel, Umweltverschmutzung sowie Armut und Ungerechtigkeit. Dennoch geht es in der Agrarforschung bislang nicht um ein Umdenken, sondern um die Optimierung der Monokultursysteme.
Durch Züchtung, angepasste Bodenbearbeitung, Düngung, neuartigen Pflanzenschutz. Aber letztlich versucht man an dem Paradigma einer Reinkultur nichts zu ändern.

Dabei führt dieser Weg schon jetzt zu ausgelaugten Böden, die immer weniger Ertrag bringen. Weltweit gehen jedes Jahr Millionen Hektar fruchtbarer Boden verloren. Um Humus aufzubauen, empfehlen die Väter der Permakultur den Boden so wenig wie möglich zu stören – also nur oberflächlich lockern, statt pflügen und umgraben. Das widerspricht allem, was Landwirte und Hobbygärtner seit Jahrzehnten gelernt haben. Ein Umdenken wäre demnach nötig. Bei den Lebensmittelproduzenten ebenso wie bei den Konsumenten.

„Das Problem ist eben dieser Ressourcenverbrauch, der uns dahin bringt, zwar sehr billig Lebensmittel produzieren zu können aber Ressourcen raubt, die unsere Kinder brauchen.“
Mit der Permakultur verändert man den Ansatz, die Herangehensweise. Permakultur ist ein Ding zwischen Philosophie und Lebensauffassung und ein Werkzeug, um enkeltaugliche Lösungen zu finden.

Wie das gelingen kann, haben die beiden Australier Bill Mollison und David Holmgren im Konzept der Permakultur beschrieben, für das sie 1981 den Alternativen Nobelpreis bekommen haben.

Mischkultur, Zonierung und Energieeffizienz
Permakultur ist ein Konzept, das auf die Schaffung von dauerhaft funktionierenden nachhaltigen und naturnahen Kreisläufen zielt. Ursprünglich für die Landwirtschaft entwickelt, ist sie inzwischen ein Denkprinzip, das auch Bereiche wie Energieversorgung, Landschaftsplanung und die Gestaltung sozialer Infrastrukturen umfasst.

Grundprinzip ist ein ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiges Wirtschaften mit allen Ressourcen.
Permakulturell gestaltete Lebensräume werden als Systeme aufgefasst, in denen das Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen so miteinander kombiniert wird, dass die Systeme zeitlich unbegrenzt funktionieren und die Bedürfnisse aller Elemente so weit wie möglich erfüllt werden. Bei der Gestaltung solcher Systeme werden auch integrative Denkansätze und Erkenntnisse aus Systemtheorie, Biokybernetik und Tiefenökologie angewandt. Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit nicht nur auf die einzelnen Bestandteile eines Systems, sondern insbesondere auch auf die Beziehungen zwischen diesen und ihre optimale Nutzung für den Aufbau produktiver Systeme.

Ziel einer permakulturellen Planung ist die Erhaltung und schrittweise Optimierung, um ein sich selbst regulierendes System zu schaffen, das höchstens minimaler Eingriffe bedarf, um dauerhaft in einem dynamischen Gleichgewicht zu bleiben. Dabei stehen sich die Befriedigung kurzfristiger Bedürfnisse und die nachfolgender Generationen gleichwertig gegenüber. Das System soll stets produktiv und anpassbar bleiben. Vorbild sind dabei meist beobachtbare Selbstregulations­prozesse in Ökosystemen wie etwa Wäldern, Seen und Ozeanen.

Permakultur setzt auf mehrjährige und sich selbst vermehrende Pflanzen.
Es gibt Beete mit Kohlpflanzen, Rosenkohl, Grünkohl, dazwischen liegen Eierschalen, ein alter Kaffeefilter, der schon ein bisschen verrottet ist. Das ist Flächenkompostierung. Wenn man naturnah den Boden bearbeiten will, dann muss man Humus anreichern. Die Arbeit machen die Bodenlebewesen, die brauchen Nahrung und setzten das mit der Zeit um. Gleichzeitig ist das auch Mulch. Der Boden ist abgedeckt, die Verdunstung wird runtergefahren.
Blanke Erde sieht man nirgendwo. Gibt es in der freien Natur ja auch nicht. Die Gemüsebeete werden dicht an dicht bepflanzt. Alles wirkt ein bisschen wild, durcheinander, irgendwie chaotisch. Aber dahinter steckt ein ziemlich ausgetüftelter Plan.

Zum Beispiel die Zonierung
Das bedeutet, dass man vorne die Pflanzen hat, die schnell wachsen, um die man sich vielleicht ein bisschen mehr kümmern muss. Pflanzen, die länger wachsen, die kommen dann in die zweite Reihe. Und dann kann man noch die dritte Reihe machen, wo dann praktisch Stauden hinkommen, die man mehr sich selbst überlassen kann. Das andere ist die Stapelung. Das bedeutet, dass man die Pflanzen so anordnet, dass die niedrigen Pflanzen vorne sind, die höheren dahinter und so. Und dann kommt noch die Mischkultur.

Die Radieschen vom vergangenen Jahr sind rund 50 Zentimeter hoch und dürfen bleiben. Der Boden wird nur oberflächlich gelockert. Knoblauch neben Erdbeeren, weil die Knolle die Beeren vor Schimmel schützt. Dazu passen Gurken – und überall dazwischen wachsen Salate, Wildkräuter und Beerensträucher. Weil die Pflanzen sich gegenseitig nützen und schützen, kommen Permakulturgärtner ohne Chemie aus.

Dieses Wissen findet man bis jetzt aber kaum an Universitäten und Ausbildungsstätten der Landwirte.
„Die Wissenschaft hat die Permakultur bisher auch noch nicht so besonders stark in den Fokus genommen. Wir sind bei der Permakultur, was die wissenschaftliche Betrachtung angeht, an einem Punkt, wo wir beim Ökolandbau vor 40 Jahren waren“, sagt Professor Thomas Döring, der an der Universität Bonn den Fachbereich Agrarökologie und Organischer Landbau leitet.

Die Ideen der Ökopioniere von damals wurden auch lange belächelt, sagt er. Heute macht die organische Landwirtschaft Milliardenumsätze. Ob die Permakultur auch einmal so erfolgreich sein wird, ist ungewiss. Die Forschung nimmt bislang nur einzelne Elemente des Konzepts unter die Lupe, wie etwa die typischen Mischkulturen. Es kam heraus, dass bei Permakulturen in 45 Ländern über alle Permakultursysteme hinweg insgesamt im Mittel 42 verschiedene Arten pro Standort wachsen. Das ist ein Vielfaches von dem, was auf einem normalen landwirtschaftlichen Betrieb angebaut wird. Diese große Vielfalt ist ein Schatz.

Es gibt zwar keine staatlich anerkannte Ausbildung, aber Führungen in Permakultur-Gärten, Vorträge, Praxisworkshops und auch mehrjährige Lehrgänge die man mit dem Titel Permakultur-Designer beziehungsweise Permakultur-Gestalter abschließt.

Tatsächlich ist die Permakultur ein Schmelztiegel für uraltes aber fast vergessenes Wissen rund um Natur, Landwirtschaft und Gemeinwohl. Bill Mollison und David Holmgreen haben daraus das Konzept für essbare, artenreiche und widerstandsfähige Landschaften entwickelt, das gerade offensichtlich den Zeitgeist trifft.

Die Anwendung von Permakulturprinzipien im Sinne einer integrativen, zukunftsfähigen Gestaltung unserer Lebensräume hat von Beginn an zur Formulierung ethischer Grundgedanken geführt. Auch diese wurden und werden ständig weiterentwickelt und bilden die Grundhaltung permakulturellen Denkens und Handelns. Sie sollen als Richtlinie für jegliches Permakultur-Design aufgefasst werden, sei es ein Garten-, Landwirtschafts- oder Forstprojekt, sei es der Bau eines Hauses oder einer ganzen Siedlung.

Ethische Grundwerte:
Achtsamer Umgang mit der Erde (Earthcare)
– diese ökologische Komponente zielt auf den behutsamen und vorausschauenden Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen (Ressourcen), die als ein Geschenk der Erde für alle Lebewesen aufgefasst werden. Um ein Permakultur-Design als nachhaltig bezeichnen zu können, sollen die natürlichen Regenerations­zyklen (Stoff- und Energiekreisläufe) der lebenserhaltenden Systeme bewusst und langfristig eingeplant werden.

Achtsamer Umgang mit den Menschen (Peoplecare)
– diese soziale Komponente nimmt insbesondere Rücksicht auf die Selbstbestimmungsrechte aller Menschen. Hier wird das Problem von Freiheit und Verantwortung besonders deutlich. Allen das Recht auf eine frei gestaltbare Nutzung der Lebensgrundlagen zu gewährleisten, erfordert eine Balance zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Bedürfnissen. Hieraus entspringt eine ethische Forderung nach sozialer Gerechtigkeit. Alle Menschen sollen das gleiche Recht auf Zugang zu den Lebensgrundlagen haben.

Selbstbegrenzung (Wachstumskritik) und Überschussverteilung (Limits to consumption and growth, redistribution of surpluses)
– Diese ökonomische Komponente leitet sich von der begrenzten Belastbarkeit und Regenerationsfähigkeit des Planeten Erde ab. Menschen sollen lernen, eine zukunftsfähige Selbstbegrenzung in Bezug auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse auszuüben, als Einzelne und als Gemeinschaft. Die dritte Komponente steht daher für eine bewusste Umsetzung von Selbstbegrenzung und einer (Rück)Verteilung der gemeinsam erzielten Überschüsse. Letztere bezieht sich auch auf die adäquate Rückführung in natürliche Kreisläufe. Damit schließt sich der Kreis zu Earthcare und Peoplecare, bzw. überschneiden sich die drei ethischen Aspekte.

Außerdem definierte Holmgren zwölf Gestaltungsprinzipien:
1. Observe and Interact – Sorgfältige Beobachtung systemischer Abläufe und durchdachte Interaktion mit den Systemelementen.
2. Catch and Store Energy – Wiederentdeckung und adäquate Nutzung von Energieträgern, die für alle Kulturen ein (überlebens)wichtiger natürlicher Reichtum waren: Wasser, Bodenhumus, Saatgut und Bäume. Besonderes Augenmerk auf lokale und regionale Autonomie, um im Zeitalter einer Energiewende nicht ‚von außen abhängig‘ zu sein.
3. Obtain a Yield – Implementierung und Erhaltung ertragreicher Systeme wird Nachahmer inspirieren. Erfolgreiche Permakultursysteme werden sich ausbreiten (private und kommunale Selbstversorgung).
4. Apply Self-regulation and Accept Feedback – Selbstregulationsprozesse (produktive Feedbackschleifen) in den Systemen erkennen und nutzen. Je weniger in Systeme eingegriffen werden muss, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, störend einzugreifen und arbeitsintensive Folgeschäden zu verursachen.
5. Use and Value Renewable Resources – Behutsame aber produktive Nutzung von erneuerbaren Ressourcen (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse). Gleichzeitig verminderter Input nicht-erneuerbarer Ressourcen.
6. Produce No Waste – Abfallvermeidungs- und -verwertungskaskade: refuse, reduce, reuse, repair, recycle (dt. verzichten, vermindern, wiederverwenden, reparieren, recyceln).
7. Design from Patterns to Details – Erfolgreiche Gestaltung erfordert zunächst ein Verständnis der übergeordneten Muster in der Natur. Die geplanten und gewünschten Details eines Permakulturprojekts berücksichtigen diese Muster und richten sich nach ihnen (top-down thinking, bottom-up action).
8. Integrate Rather than Segregate – Kooperation vielfältiger Elemente statt Eliminierung einzelner und Konkurrenz untereinander.
9. Use Small and Slow Solutions – Kleine und langsame Lösungsstrategien machen Systeme für Menschen leichter überschaubar und langfristig produktiver als große mit hohem Energie- und Zeitaufwand.
10. Use and Value Diversity – Die Vielfalt von Elementen in Systemen nutzen und bewahren. Dies erhöht die Ausfallsicherheit und ermöglicht wiederum langfristige Selbstorganisation.
11. Use Edges and Value the Marginal – Den Reichtum und die Bedeutung von Randzonen (Übergänge von Systemen) erkennen und nutzen.
12. Creatively Use and Respond to Change – Kreative Nutzung natürlicher Kreisläufe und Sukzessionsfolgen, um auf kommende Herausforderungen flexibel und adäquat antworten zu können.

Noch sind die Landwirte mehr als zurückhaltend. Eine Umstellung auf Permakultur wäre tatsächlich eine große Herausforderung. Aber sie könnte behutsam, Schritt für Schritt erfolgen, denn schon einzelne Elemente der Permakultur können einen konventionellen Bauernhof nachhaltiger machen und gleichzeitig den Ertrag verbessern und, im Prinzip eignet sich jedes Feld dafür, Permakultur kann auch auf einem 1000 Hektar-Betrieb helfen und sinnvoll eingesetzt werden.

Hecken und Obstbaumreihen zum Beispiel helfen den Boden zu festigen, machen ihn zu einem besseren Wasserspeicher, schützen vor Wind und sorgen obendrein auch noch für eine zusätzliche Ernte.
Es kommt immer den Pflanzen zugute, weil die gerne in Gesellschaft wachsen. Dadurch hat der Kohlweißling es auch nicht ganz so leicht den Kohl zu finden, wenn die stark duftenden Tagetes daneben stehen. Das ist auch eine Form von Pflanzenschutz.

Permakultur-Fans sagen: Die ganze Welt war ursprünglich Permakultur. Milliarden von Jahren war die Welt Permakultur. Für sie ist völlig klar: Permakultur ist die Lösung.“ Und zwar die Lösung für die gegenwärtige Krise der Landwirtschaft und die weltweiten Ernährungsengpässe.
Friedrich Lehmann war ursprünglich klassischer Bauer, dann Bio-Bauer und hat vor 30 Jahren die Permakultur für sich entdeckt. Er sagt über die klassische Landwirtschaft:
„Mit der Art, wie wir Landwirtschaft betreiben, lässt sich unglaublich viel kurzfristiges Geld verdienen. Da geht es um Milliarden. Und wenn wir so arbeiten, wie wir in den letzten 200 Jahren gearbeitet haben, werden wir uns selber vernichten. Weil wir den Boden auslaugen, die Grundlagen zerstören, die Ressourcen zerstören.“
Eines der Hauptaspekte der Permakultur ist auch das Beobachten: Was hab ich da, was sehe ich denn, welche Ressourcen sind da.“

Vor allem in der Stadt ist Permakultur angesagt
Das ist gut so, meint Stefan Schwarzer, selbst Permakultur-Designer und Geograf bei den Vereinten Nationen:
„Permakultur wird in Deutschland vor allen Dingen von Städtern besetzt, die in ihrem kleinen Hausgarten Mischkultur betreiben wollen und eben sorgsam mit der Erde umgehen wollen, Vielfalt für Insekten und Vögel et cetera – was ja relativ hip ist in der westlichen Welt. Das ist auf der einen Seite die gute Nachricht, denn es braucht ganz viel Bewusstsein dafür, unseren Lebensstil zu verändern. Aber Permakultur und Landwirtschaft sind Bereiche, die sich noch nicht so hier überschnitten haben.“

Elemente für eine zukunftsweisende Landwirtschaft
Noch sind die Landwirte mehr als zurückhaltend. Eine Umstellung auf Permakultur wäre tatsächlich eine große Herausforderung. Aber sie könnte behutsam, Schritt für Schritt erfolgen, denn schon einzelne Elemente der Permakultur können einen konventionellen Bauernhof nachhaltiger machen und gleichzeitig den Ertrag verbessern, sagen Professor Thomas Döring und Stefan Schwarzer:
„Im Prinzip eignet sich jedes Feld dafür.“
„Permakultur kann auch auf einem 1000 Hektar-Betrieb helfen und sinnvoll eingesetzt werden.“

Hecken und Obstbaumreihen zum Beispiel helfen den Boden zu festigen, machen ihn zu einem besseren Wasserspeicher, schützen vor Wind und sorgen obendrein auch noch für eine zusätzliche Ernte.

„Das kann eigentlich jeder machen. Die Natur beobachten und dann kopieren. Das kann jeder Bauer machen“, davon ist der Händler und Obstbauer Friedrich Lehmann überzeugt.

Und zwar die Lösung für die gegenwärtige Krise der Landwirtschaft und die weltweiten Ernährungsengpässe.
„Mit der Art, wie wir Landwirtschaft betreiben, lässt sich unglaublich viel kurzfristiges Geld verdienen. Da geht es um Milliarden. Und wenn wir so arbeiten, wie wir in den letzten 200 Jahren gearbeitet haben, werden wir uns selber vernichten. Weil wir den Boden auslaugen, die Grundlagen zerstören, die Ressourcen zerstören.“

Noch zögern selbst Biobauern hierzulande, auf Permakultur zu setzten. Es gibt eben kaum Studien, die zeigen, dass sich eine Ernte im Einklang mit der Natur auch rechnet.

Das tut sie aber, sagt Stefan Schwarzer von den Vereinten Nationen, weil es ein ganzheitliches Konzept ist. Er verweist auf die bekannte „Ferme du Bec Hellouin“. Diese nur 3500 Quadratmeter große Farm in der Normandie ist zu einer Art Pilgerstätte für umweltbewusste Menschen geworden, denn der kleine Obst- und Gemüsebetrieb arbeitet – wissenschaftlich begleitet – nach den Prinzipen der Permakultur.

„Auf einem Zehntel der Fläche können die genauso produzieren, mit viel Handarbeit, wie ein normaler Gemüsebetrieb eben auf der zehnfachen Fläche“, sagt Stefan Schwarzer.

Besondere Einsatzmöglichkeiten für Entwicklungsländer
Auch andere Studien deuten eindeutig darauf hin, dass sich mit der Permakultur gute Erträge erzielen lassen, sagt Thomas Döring, Leiter des Fachbereichs Agrarökologie und Organischer Landbau an der Bonner Universität.
„Wenn man zwei Arten mischt, zum Beispiel ein Getreide und eine Ackerbohne, dann kann man durchaus eine Produktivitätssteigerung feststellen – ungefähr so 16 Prozent mehr Ertrag – im Vergleich immer zu den beiden einzelnen Kulturen. Und wenn wir nur zwei Arten mischen, dann ist das nur ein winziger Schritt hin zu einer Permakultur, die ja im Mittel 42 verschiedene Arten auf einem einzigen Standort miteinander vereint.“

Deshalb, sagt Stefan Schwarzer, ist die dauerhafte Landwirtschaft nach Mollison und Holmgren ein Garant für die Ernährung der Menschen – gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern:
„Ich bin überzeugt, dass Permakultur mit den Ansätzen, die Natur zu kopieren, in Entwicklungsländern ein Riesenpotenzial hat. Zum einen, weil dort mehr Sonne zur Verfügung steht und in verschiedenen Höhenschichten gearbeitet werden kann. Zum anderen, weil Handarbeit dort günstiger ist, als bei uns.“
Tatsächlich hängt die weltweite Ernährungssicherheit von mehr als 500 Millionen Kleinbauern ab, urteilt die Welternährungsorganisation.

Bauern hierzulande brauchen Unterstützung bei Umstellung
Aber auch hiesige Großbetriebe könnten von der Nachhaltigkeit der Permakultur profitieren, selbst wenn sie nur einzelne Elemente übernähmen. Doch gerade unsere Bauern brauchen dabei Unterstützung, sagt Stefan Schwarzer, denn in kaum einem anderen Land wird der Kampf um möglichst niedrige Lebensmittelpreise so hart gekämpft, wie bei uns. Das lässt den Landwirten kaum Spielraum, neue Wege zu gehen, erklärt er:
„Wenn wir neue Wege gehen wollen, dann müssen wir, als Gesellschaft, die Politik, die Bauern unterstützen, diese Wege auch gehen zu können. Aus eigenen Mitteln ist das kaum möglich. Da wird mit Centbeträgen gerechnet und teilweise dauerhaft Verlust gemacht.“
Eine Idee wäre es, die jährlich mehr als sechs Milliarden Euro aus der EU-Agrarförderung anders unter den deutschen Landwirten aufzuteilen. Es könnten die mehr bekommen, die nachhaltig wirtschaften.

„Gleichzeitig, denke ich, ist es aber auch wichtig, dass wir einen neuen Zugang zur ökonomischen Bewertung solcher Systeme bekommen“, betont Thomas Döring von der Uni Bonn, denn wir zahlen nicht den wahren Preis für Lebensmittel, sagt er:
„All diese allgemeinen Güter, die geschützt werden, müssen eigentlich auch mit einbezogen werden in eine solche übergreifende ökonomische Bewertung. Insbesondere Biodiversität, Schutz von nicht erneuerbaren Ressourcen wie Boden oder Grundwasser.“

Dann wäre laut der Universität Augsburg konventionell erzeugtes Fleisch fast 200 Prozent teurer. Biofleisch würde gut 80 Prozent mehr kosten. Obst und Gemüse aus konventioneller Landwirtschaft wäre fast 30 Prozent teurer, das vom Ökobauern 6 Prozent. Doch solche transparenten und realen Preise sind nicht in Sicht, bedauert Stefan Schwarzer. Dennoch: Ich glaube was helfen wird ist, dass immer mehr Bauern selbst merken, dass es so nicht weitergehen kann. Dass sie merken, dass der Boden nicht mehr fruchtbar ist. Und vielleicht liegt da die Hoffnung.“
Immerhin verlieren alleine die deutschen Bauern jeden Tag 60 Hektar an wertvollen Böden. Diese tote Erde wieder fruchtbar zu machen, kann Generationen dauern.

Außerdem wächst der Druck der Kunden. Zunehmend mehr Menschen sind auf der Suche nach ökologischen und alltagstauglichen Alternativen, die sich bestenfalls auch noch in Gemeinschaft umsetzen lassen.

Auszüge aus einem beitrag von Stephanie Kowalewski, veröffentlicht auf www.deutschlandfunkkultur.de

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