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Tiny Houses – kleiner wohnen

Dass nicht die Quadratmeter eines Hauses, sondern die Lebensqualität zählt wenn es um unser Zuhause geht, haben wir wohl schon immer geahnt. Bereits in den 1980er Jahren hat es der “Löwenzahn“-Moderator Peter Lustig vorgemacht, ganz entspannt in einem winzigen Bauwagen. Allerdings waren Quadratmeter, also Platz, um sich mit all seinen Besitztümern breit zu machen damals, wie oft auch heute, ein wichtiges Statussymbol. In Bauwagen wohnen allenfalls Aussteiger, Freaks – und eben Künstler. Aber es ändert sich etwas.

Mittlerweile gilt: Besitz ist nicht alles! Einerseits ist Lebensraum in Städten noch knapper geworden, was auch daran liegt, dass immer mehr Menschen allein wohnen (in Deutschland sind es rund 40 Prozent, Tendenz steigend) und die Metropolen immer weiter anschwellen. Andererseits kam ab 2008 noch die weltweite Finanzkrise hinzu, die so manchen sein hoch verschuldetes Eigenheim kostete und zusammen mit fortschreitendem Klimawandel und der Digitalisierung für weitere Ängste sorgte. Auch durch all diese Faktoren bekam das Small House Movement Aufwind.

Und das ist nur logisch, scheinen die winzigen Häuschen doch eine Lösung für viele dieser Probleme zu bieten: 1.) benötigen sie nur wenig Platz, 2.) sind die Investitionskosten überschaubar, 3.) sind viele der Tiny Houses flexibel und mobil, 4.) benötigt ihr Bau nur geringe Ressourcen.

Eine feste Definition für den Begriff Tiny House gibt es nicht. Schließlich kann die Antwort auf die Frage, ab wann eine Wohnfläche als klein gilt, je nach Nationalität und Lebensumfeld (Stadt oder Land) sehr unterschiedlich ausfallen. Gleiches gilt für die Architektur. Manche Minihäuser klemmen zwischen zwei anderen Gebäuden mitten in der City. Wieder andere haben Räder oder schwimmen, sind in Kuben- und Kugelform oder als Baumhaus errichtet, dienen als Hauptwohnsitz, Ferienhaus und Arbeitszimmer, beherbergen Sauna oder Anglerhütte. In den USA ist seit 2017 offiziell im Baugesetz festgelegt worden, dass es sich um ein Tiny-House handelt, wenn es nicht mehr als 37 qm Wohnfläche hat. In Deutschland bezeichnet man diese Häuser, wenn sie nicht mobil sind, dann auch gern als Mikro-, Mini- oder Single-Häuser.

Das perfekte Zuhause für moderne Nomaden: Ein rustikales Tiny House auf Rädern.

Tiny Houses auf Rädern sind keine neue Erfindung: Bereits in den 1920er Jahren gab es Tüftler, die die Mobilität des Autos mit der Behaglichkeit des eigenen Zuhauses verbinden wollten. So entstanden die ersten „Motorhomes“ – mit zunehmendem „Tuning“ war jedoch bald der ursprüngliche, an ein Haus erinnernde Aufbau einer kompakteren Form gewichen.

Die Sehnsucht nach kleinen Zufluchtsorten, sei es zur inneren Einkehr oder zur Erholung, ist noch wesentlich älter: Man denke nur an Eremitagen oder auch an Henry Thoreaus „Walden“… Verschiedene Architekten veröffentlichten in den vergangenen hundert Jahren Entwürfe für auf das Wesentlichste reduzierte Behausungen. Lloyd Kahn und Bob Easton brachten 1973 „Shelter“ heraus, eine Dokumentation bodenständiger Bauweisen und Minihäuser in aller Herren Länder. 1987 erschien das Buch des US-amerikanischen Architekten Lester Walker „Tiny Tiny Houses: or How to Get Away From It All“. Einen regelrechten Hype löste Architektin Sarah Susanka dann mit ihrem 1998 erschienen Buch „The Not So Big House“ und den folgenden „Not So Big …“-Veröffentlichungen aus. Sie bereitete damit auch den Boden für das von Jay Shafer angeschobene „Tiny House Movement“ in den USA.

Ein weiteres Merkmal: Viele der Bauten sind zudem so ausgestattet, dass der Bewohner auch autark leben könnte, es gibt zum Beispiel Solarpaneele, Regenwasser-Auffanganlagen oder Bio-Toiletten. Denn auch der Wunsch nach Downsizing, nach einem Leben ohne Überfluss, spielt bei vielen Minihaus-Anhängern eine Rolle. Dazu gehört einerseits die Reduktion von Wohnraum und Besitz, manchmal aber auch die Sehnsucht sich ein Stück weit aus der Gesellschaft zurückzuziehen und sich beispielsweise in einem wilden Wald oder auf einem anderen nur wenig erschlossenen Gebiet niederzulassen.

Ein Tiny House scheint die ideale Lösung zu sein, um das Bedürfnis des „eigenen Daches über dem Kopf“ und ein knappes Budget (sowie nicht auszuschließende Wohnortswechsel) ohne nennenswerte Verschuldung unter einen Hut zu bringen. Tiny House Enthusiasten geht es in der Regel um die Reduzierung auf das Wesentliche zugunsten finanzieller Freiheit und persönlicher Unabhängigkeit sowie um einen Beitrag zu Ökologie und Nachhaltigkeit.

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