Es erscheint uns leicht als selbstverständlich und doch verzaubert die nie endende Dynamik, die Gestaltungs- und Wirkungskraft der Pflanzenwelt uns immer wieder aufs Neue. Es ist das Wunder des Lebens, welches sich hier immer wieder zeigt, von der Aussaat, über die ersten Keimblätter, prächtige oder duftende Blütenstände bis zur Frucht- und Samenbildung und dem erneuten Beginn dieses Kreislaufs.
Viele Pflanzen ernähren uns, andere entzücken uns, manche heilen und wiederum andere schmecken einfach lecker oder erfreuen schlicht das Auge. Schon immer wurden Pflanzen oder aus Pflanzen gewonnene Wirkstoffe verwendet um Krankheiten zu heilen oder zu lindern. Obwohl sich heute wieder mehr Menschen für diese natürlichen Mittel interessieren, droht dieses Wissen doch vielfach in Vergessenheit zu geraten. liebhaberteile.de will daher mithelfen, dieses Wissen weiter zu verbreiten.
Kräuter verwenden
Nicht nur getrocknete Kräuter, sondern auch frische Kräuter lassen sich hervorragend, z.b. zur Herstellung von Tees, verwenden. Getrocknete Kräuter sind besonders als Vorrat fürs Winterhalbjahr sehr zu empfehlen.
Kräuter trocknen ist recht einfach, wenn man denn auf gute Belüftung achtet. Zuerst werden die Kräuter zum trocknen auf großen Papierbögen im Haus ausgebreitet, oder zu kleinen Bündeln gebunden aufgehängt.
Wichtig:
-Immer im Schatten trocknen.
-Blätter nicht nach Regen ernten und nur waschen, wenn es gar nicht anders geht, dann hinterher mit einem Handtuch abtupfen.
-Sind die Blätter trocken, bewahrt man sie am besten in Papiertüten auf, möglichst ohne sie zu zerkrümeln.
Übrigens: für die Teezubereitung kann man ganze, frische Zweige von 10-15 cm Länge in die Kanne geben und mit heißem Wasser übergießen. Anders als bei getrockneten Kräutern, die nach 5-10 Minuten aus der Kann genommen werden sollten, können frische Zweige dort bleiben.
Zitronenmelisse – beruhigt und entspannt
Die ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammende Zitronenmelisse wurde als Arzneipflanze in Zentraleuropa importiert und häufig in Klostergärten angebaut. Melisse heißt im Griechischen nicht nur „Honigbiene“, sondern gilt auch als Bienenweide und wurde daher früher gerne vor Bienenstöcken angepflanzt. Die Behausungen wurden außerdem mit dem Pflanzensaft eingerieben, der mit seiner antiseptischen Wirkung die Ausbreitung von Krankheiten verhindern sollte. In der Volksheilkunde wird die Zitronenmelisse überwiegend gegen Unruhe und Schlafstörungen eingesetzt, ihr Wirkungsspektrum ist allerdings deutlich größer.
Die Melisse (Melissa officinalis) wächst bis zu 80 Zentimeter in die Höhe und duftet zitrusartig. Die Pflanze besitzt gegenständig angeordnete Blätter, die eiförmig aussehen und an den Rändern grob gesägt sind. In den Blattachseln sitzen weiße bis gelbliche, zweilippige Blüten, die sich in Scheinquirlen anordnen. Melisse gehört zu den Lippenblütlern (Lamiaceae) und blüht von Juni bis August. Sie stammt aus dem östlichen Mittelmeerraum, wird inzwischen aber in Mittel-, Süd- und Osteuropa angebaut.
Zitronenmelisse passt mit ihrem frischen zitonigem Aroma sehr gut zu Salaten, Pasta-Gerichten und Fisch. Auch Dressings, Dips und Saucen verleiht das Würzkraut eine frische Note. Bei heißen Gerichten ist es empfehlenswert, das frische Kraut erst am Ende des Kochvorgangs dazuzugeben, damit das Aroma nicht verloren geht. Die Blüten können zur Dekoration von Desserts oder Salaten genutzt werden.
Daneben kannten medizinische Gelehrte die Zitronenmelisse bereits im Altertum als Heilpflanze. Hildegard von Bingen empfahl das Kraut einst als Mittel, welches „das Herz freudig macht.“ Mönche brauten aus Melisse, Alkohol und anderen Kräutern einen Trunk, der gegen Verdauungsbeschwerden helfen sollte und im weit bekanntem „Klosterfrau Melissengeist“, der Anfang des 19. Jahrhunderts von der Nonne Maria Clementine Martin zusammengestellt wurde, ist Zitronenmelisse ebenfalls eine wichtige Zutat..
Melissenblätter enthalten ätherisches Öl, das sich unter anderem aus den Substanzen Citral, Geranial, Neral und Citronellal zusammensetzt. Diese Stoffe sind für den zitronenartigen Geruch verantwortlich. Daneben kommen beta-Caryophyllen und sogenannte Lamiaceengerbstoffe wie Rosmarinsäure und Kaffeesäure vor.
Für eine Anwendung in der Küche wird das gesamte Kraut vor oder während der Blüte verwendet. Zwar ist die Ernte den gesamten Sommer über möglich, allerdings schmeckt das Kraut kurz vor der Blüte am aromatischsten.
Bereits seit Jahrhunderten wird die Melisse als vielseitige Heilpflanze genutzt. Sie hat eine entspannende Wirkung auf das Nervensystem, wirkt beruhigend und lindert Ängste und Schlafstörungen. Bei Erkältungsbeschwerden wie Kopfschmerzen, Fieber oder Halsschmerzen kann sie ebenfalls heilend wirken. Für heilende Anwendungen werden insbesondere die Blätter verwendet. Sie können zum Beispiel gegen Entzündungen der Haut oder für Entspannungsbäder eingesetzt werden. Neuere Experimente haben gezeigt, dass Zitronenmelisse Herpes-simplex-Viren bekämpft. Cremes, die hochdosierte Zubereitungen aus dem Heilkraut enthalten, können bei den ersten Anzeichen eines Lippenherpes helfen.
Eine Studie der Human Cognitive Neuroscience Unit der University of Northumbria konnte erst kürzlich belegen, dass Zitronenmelisse die subjektive Entspannung erhöht und, abhängig von der Dosierung, die Geschwindigkeit kognitiver Prozesse beschleunigt. Die Studie stellt fest, dass die einmalige Einnahme von 300 mg Zitronenmelisse-Extrakt die Verarbeitung und Lösung mathematischer Aufgaben beschleunigt, ohne die Richtigkeit der Antworten zu verringern. 600 mg verbesserten negative Stimmungen und wirken beruhigend und entspannend. Dies wurde an 18 gesunden Probanden festgestellt. Diese Verbesserung der mentalen Leistungsfähigkeit bzw. die Stärkung des Gedächtnisses beruht ebenfalls auf der Optimierung eines Neurotransmitters im Gehirn, nämlich Acetylcholin. Zitronenmelisse soll nämlich die Aktivität von Acetylcholin erhöhen, der der wichtigste Neurotransmitter im Gehirn. Acetylcholin wird für nahezu alle wichtigen Denkprozesse im Gehirn benötigt, denn seine Konzentration bestimmt darüber, wie schnell die Kommunikationsprozesse zwischen den Synapsen ablaufen. Ist das Gehirn ausreichend mit Acetylcholin versorgt, läuft auch die Reiz- und Informationsweiterleitung schnell ab.
Rezepte:
Zitronenmelissen-Sirup
Die Zubereitung eines Sirups ist einfach, benötigt jedoch einige Tage Zeit zum Ziehen. Dafür wird das gesamte Kraut mit Stielen verwendet.
1 Bund frische Zitronenmelisse
1 Liter Wasser
1 kg Zucker
½ Bio Zitrone
leere Flaschen, zum Beispiel Bügelverschlussflaschen.
Wasser und Zucker in einem Topf für ein paar Minuten sprudelnd kochen. Etwa 10 Minuten abkühlen lassen. Zitrone in Scheiben schneiden, Melisse mit Stielen grob schneiden und zum Zuckerwasser geben.
Erkalten lassen und abgedeckt für 48 Stunden kühl stellen. Durch ein feines Sieb oder Tuch in einen Topf passieren und erneut für einige Minuten kochen. Heiß in sterile Flaschen füllen, sofort fest verschließen und abkühlen lassen. Dicht verschlossen ist der Sirup bei Zimmertemperatur für mehrere Monate haltbar.
Mit Spitzwegerich kannst du einen natürlichen Hustensirup einfach selber herstellen.
Zitronenmelissen-Zucker
Die Zubereitung von Zitronenmelissen-Zucker ist eine einfache Methode, das intensive Aroma zu konservieren und für Getränke, Kuchen oder anderen Süßspeisen das ganze Jahr über zu nutzen. Er ist sehr schnell und einfach gemacht und kann auch als liebevolles kleines Mitbringsel aus der Küche dienen.
150 g Zucker
50 g frische Zitronenmelissenblätter
einen Mörser
ein leeres Schraubglas (für 200 gr)
Blätter der Zitronenmelisse auf einem Tuch oder einer Zeitung ausbreiten und an einem schattigen Ort langsam trocknen lassen. Die getrockneten Blätter zusammen mit zwei Esslöffeln des Zuckers mörsern. Die Mischung mit dem restlichen Zucker in ein fest schließendes Glas geben.
Zitronenmelissen-Pesto
Dieses süße, zitronig-frische Pesto eignet sich als Dessert-Sauce, zum Backen oder als erfrischendes Topping zu Eis – es passt zu fast allen Leckereien!
40 g frische Zitronenmelisse
1 Handvoll Nüsse – z.B. Haselnüsse
1 EL geschmacksarmes Pflanzenöl wie Sonnenblumenöl
100 g Zucker
100 ml Wasser
Zucker und Wasser in einem Topf aufkochen, vom Herd nehmen und abkühlen lassen. Melisse waschen, dicke Stiele und braune Blätter aussortieren. Zusammen mit Öl und Nüssen zum Zuckerwasser geben und alles pürieren, bis eine homogene Masse entsteht. Dafür eignet sich beispielsweise ein Standmixer oder Pürierstab. Durch die Menge der Nüsse kann die Konsistenz individuell angepasst werden. In sterile Gläser abfüllen und Deckel verschließen.
Dicht verschlossen und kühl gelagert ist das Pesto für mehrere Wochen haltbar.
Für ein intensiv-würziges Pesto eignen sich auch die Blätter der Pfefferminze.
Heilende Anwendungen
Für heilende Anwendungen werden insbesondere die Blätter verwendet. Sie können zum Beispiel gegen Entzündungen der Haut oder für Entspannungsbäder eingesetzt werden.
Als Füllung für heilende Kräuterkissen ist die aromatische Zitronenmelisse ebenfalls bestens geeignet.
Tee
kann bei Anspannung, Nervosität und Magenbeschwerden helfen. Auch gegen Erkältungen wirkt Melissentee unterstützend, lindert Kopfschmerzen und verbessert die Atmung. Melisse ist zudem eine ergänzende Zugabe in Teemischungen gegen Schlafstörungen.
Für einen Teeaufguss wird die gesamte Pflanze verwendet – frisch oder getrocknet. Zur Trocknung des Krauts werden die Stiele zehn Zentimeter über dem Boden abgeschnitten und zu Sträußen gebunden. Anschließend kann es zerkleinert und zur Aufbewahrung in Schraubgläser gefüllt werden. Alternativ ist getrocknete Zitronenmelisse im Bioladen, Teegeschäft oder online erhältlich.
Für einen entspannenden Teeaufguss wird ein Esslöffel des getrockneten Krauts mit 250 ml kochendem Wasser überbrüht und nach fünf Minuten Ziehzeit abgeseiht, in anderen Rezepten wird bei Nutzung von frischen Kräutern empfohlen den Aufguss 20 Minuten ziehen zu lassen.
Ölauszug
Äußerlich kann die Melisse in Form eines Ölauszuges auf der Haut angewendet werden. Dieser wirkt beruhigend, kühlend, schmerzlindernd und kann durch die antibakteriellen Wirkstoffen Beschwerden wie Insektenstiche, Juckreiz, gerötete und gereizte Haut sowie Entzündungen lindern. Bei der Haltbarkeit des Ölauszuges orientiert man sich am Ablaufdatum des verwendeten Basisöls.
Lippenpflege gegen Herpes
Der hohe Anteil an Gerbstoffen in ätherischem Melissenöl ist für seine starke antivirale Wirkung verantwortlich. Den Herpesvirus dauerhaft heilen kann die Melisse nicht, aber sie verhindert die Vermehrung der Bläschen und unterstützt das schnelle Abheilen. Auf noch nicht vollständig entwickelte Herpesherde aufgetragen wirkt es so stark antiviral, dass die schmerzhaften Bläschen gar nicht erst entstehen.
Das reine ätherische Melissenöl und Salben mit Melissenextrakt verfügen über diese stark antivirale Wirkung.
Ein selbstgemachter Ölauszug mit Melisse besitzt einen geringen Anteil des ätherischen Öls.
30 ml Ölauszug der Zitronenmelisse
8 g Bienenwachs (am besten von einem Bio-Imker)
8 g Sheabutter
optional ein paar Tropfen ätherisches Melissenöl für eine verstärkte Wirkung
Für die Zubereitung alle Zutaten, bis auf das ätherische Öl in ein Glas geben und die Mischung langsam in einem Wasserbad erwärmen, bis alle Bestandteile geschmolzen sind. Dann das Glas aus dem Wasser nehmen, das ätherische Öl unterrühren und den Balsam in Lippenstifthülsen oder kleine Tiegel füllen.
Für eine lange Haltbarkeit sind sauberes Arbeiten und sterile Utensilien wichtig. Zudem kann die Lippenpflege durch Zugabe einiger Tropfen Vitamin-E-Öl zusätzlich konserviert werden.